Helga und Fritz Brumbach
"Los Alamos"

Messerwerfer, Schwert-und Degenbalance

Holzheim

 

 

Persönliche Notizen von Eva Leopoldi

 

Einladung bei Fritz und Helga Brumbach - auch bekannt als "Los Alamos".

 

Knapp 40 Jahre sind die beiden ein Paar, 30 Jahre davon waren sie mit ihrer einzigartigen Messershow auf der ganzen Welt unterwegs. Fritz Brumbach gehörte zu den weltbesten Messerwerfern. Daneben hatte er noch eine spektakuläre Schwert- und Degen Balance-Nummer im Repertoire. Fritz' Großeltern und Eltern hatten den berühmten Zirkus Brumbach, den es so leider nicht mehr gibt. Helga entstammt aus der großen ostdeutschen Zirkusdynastie Hein.

"Los Alamos" waren richtig berühmt und erfolgreich. Sie wurden auf der ganzen Welt gebucht, hatten Auftritte in den USA, z.B im Caesar's Palace in Las Vegas, in Hongkong, Japan, Süd-Korea, hatten große Fernsehauftritte und waren auch in Cannes immer wieder auf der Gästeliste.

Ich war total gespannt auf diese beiden Persönlichkeiten und was sie zu erzählen hatten.

 

Wir wurden herzlich aufgenommen und durften 3 Stunden in ihre erlebte, durchlebte Artistenwelt eintauchen. Hier nur ein paar Fakten zum Artistenleben, die ich interessant fand:

 

Das Leben als Artist war definitiv nicht einfach...Das Zusammenleben auf engstem Raum im Campingwagen erfordert ein Menge Disziplin. Übrigens ist es heute Standard, dass man als Familie einen extra "Bade-LKW" besitzt. Das gab es in den Zeiten, als die Brumbachs "on the road" waren, nicht. Und man war oft viele Wochen unterwegs. Denn in manchen Ländern, z.B. Skandinavien, fuhr man täglich von einem Ort zum nächsten. Das heißt, früh losfahren, 2 Vorstellungen geben, wieder zusammenpacken, kurz schlafen, am nächsten Tag früh weiter in die nächste Stadt....

Auch die Reisen durch die USA waren aufgrund der weiten Entfernungen oft beschwerlich.

 

Vorteil dieser Reisen - man hatte doch auch immer etwas Zeit, Land, Leute und Kultur kennen zu lernen. Und, das Zusammenleben innerhalb der Artisten war wohl fast immer sehr harmonisch, wie in einer großen Familie. Ganz nach dem Motto: Alle für Einen, Einer für Alle.

 

Laut Helga hat sich dieses Miteinander aber leider geändert, seit so viele Chinesen und Osteuropäer in Europa als Artist gebucht werden, denn diese Gruppen bleiben meist unter sich. Auch finanziell haben es die "West-Artisten" nicht mehr so leicht. Die Chinesen z.B. erhalten in ihrer Heimat ganzjährig finanzielle Unterstützung. Deshalb arbeiten sie, wenn sie Zirkus-Tourneen in Europa machen, oft für wenig Gage. Deutsche Artisten, die als eine der Wenigen überhaupt keine staatliche Unterstützung erhalten, können für dieses Geld aber nicht arbeiten, denn sie müssen ja die Monate vorfinanzieren, die "auftrittsfrei" sind.

Der Artistenberuf ist also nicht der richtige Beruf, um richtig reich zu werden....

 

Irre fand ich auch die Arbeitsbedingungen für Artisten in Freizeitparks. Saison 7 Monate. Kein freier Tag. 3-4 Auftritte täglich. Kranksein, Schwächeln? Gibt es nicht....

 

Als Artist sollte man neben dem artistischen Können auch noch andere Begabungen haben. Bei "Los Alamos" z.B. war Fritz auch der Designer von den Wurfbrettern und den Kostümen. Die Wurfbretter hat er dann selber geschreinert und bemalt, die Kostüme hat Helga mit viel Liebe zum Detail genäht und aufwändig verziert.

Erwähnen möchte ich da das witzige, kleine Wurfbrett, das sich Helga an den Hintern gehalten hat und das spektakuläre, selbst drehende Mehrfachbrett, mit dem Fritz auf 2-3 Partnerinnen gleichzeitig werfen konnte.

 

Uns zuliebe hat Fritz dann eins seiner schönen Jacketts angezogen (es passte sogar fast noch!) und hat uns gezeigt, dass er auch nach 5 Jahren Pause im Alter von 75! einen richtig langen Degen auf seinem Kinn balancieren kann. Wow - Respekt!

 

Und obwohl sich die Brumbachs nicht als Rentner gemütlich in ihrem Häuschen zurückziehen können und mit ihrem Crêpes-Stand noch jedes Jahr auf Mittelalter- und Gartenmärkten zu finden sind, fand ich es schön, dass Sie meine Frage, ob sie die Artistenlaufbahn wieder einschlagen würden, wenn sie noch einmal vor der Wahl stünden, beide ohne Zögern mit "Ja!" beantwortet haben.

Natürlich würden Sie das Eine oder Andere etwas anders machen, aber wer würde das nicht?

 

Aber am tiefsten berührt hat mich an diesem Tag der Blick ins Schlafzimmern, der uns am Schluss noch geschenkt wurde.

Das Ehebett ist sozusagen in einen offenen nachgebauten Zirkuswagen eingebaut. Und dieser Umbau war so wunderschön, kunstvoll geschreinert, bemalt, verziert.... Und im Eck waren auf einem schönen stummen Diener die Kostüme von Fritz und der Schmuck von Helga drapiert. Ich stand da mit einer Gänsehaut am ganzen Körper und hätte losheulen können. Dieser Blick ins Schlafzimmer war nämlich sozusagen auch ein Blick in die Artistenseele von Fritz und Helga und hat sooooo viel erzählt und das ganz ohne Worte.....

Danke Helga! Danke Fritz!

 

 

Zu Besuch bei den Brumbachs




Literarische Bearbeitung des Artisten

Autor:  Martin Beyer

 

Im Jahr des Drachen

 

Auch in dieser Nacht ist es ganz still. Marek streift mit seiner Laterne um die Zirkuswagen und Käfige. Er macht kein Geräusch dabei. Sieht nach dem Rechten und nach dem Linken, wie er das nennt. Dabei gibt es kaum noch etwas zu sehen, weder rechts noch links. Paolo, der Schimpanse, verhält sich still. Wir müssen ihn bald weggeben, es gibt da neue Richtlinien, hat der Maestro aus der Zeitung erfahren. Die Leute, sagt er, werden uns verachten, wenn wir noch immer einen Menschenaffen halten. Und Verachtung ist das größte Kassengift überhaupt, meine Blume.

Was macht Tamir? Tamir, der große Tiger Tamir, ist müde oh so müde. Er ist alt oh so alt. Ich gebe ihm nicht mehr viele Tage, vielleicht einen Monat noch. Gregor auf seinem Schemel betrachtet derweil die Dompteurspeitsche, als hätte er einen antiken Gegenstand vor Augen. Der rote Zylinder ist mit seinem Kopf verwachsen, ich habe ihn nie ohne gesehen. Gregor fragt sich: Wozu ist diese Peitsche noch einmal gut? Ach ja, die Dressur. Einen zahnlosen Tiger und einen schwermütigen Affen gilt es manegentauglich zu peitschen, die schwarze Galle noch einmal in Wallung zu bringen.

Kein Wunder, dass wir kein Engagement mehr bekommen.

Bald spannen wir Holzpferde vor die Kutschen, lassen ausgestopfte Tiere mit Sprungfedern durch die Reifen hechten; die Scherze des Clowns kommen vom Band, aus einer Witzmaschine. Bald sind wir keine Artisten mehr, bald sind wir Gaukler geworden, die nur sich selbst eine Vorstellung geben, jeden Abend, und ich höre keinen Applaus.

Was kümmert das den Maestro!

Pjotr studiert unverdrossen die Zeitung, ob sich nicht etwas finden lässt. Ein staubiger Marktplatz für uns, irgendein Parkplatz vor irgendeiner Stadt. Ganz egal. Es wird doch nicht jedes Kaff ein Kino haben! Denn der Maestro glaubt, dass die Kinos die Menschen verdorben haben. Er hofft: Es wird doch noch Städte geben, in denen wir willkommen sind! Ein Inserat jedoch, in dem nach dem ZIRKUS BECKMANN gefragt wird, hat selbst er noch nicht gefunden.

 

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"Natascha - Königin der Lüfte"
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