Meehr - Kunstwerk Frau
Prostituierte
Berlin
Persönliche Notizen von Eva Leopoldi
Für den ersten Beruf meines Projektes habe ich eine Prostituierte aus Berlin eingeladen.
„Meehr-Kunstwerk Frau“ - so nennt sich die junge Frau, die ich vom Bahnhof abhole. Barfuß, 2 große Koffer ziehend, ein bezauberndes Lächeln, Glatze...ich freue mich auf die 2 nächsten Tage.
Das Zusammenleben ist lustig, hoch interessant, absolut entspannt. Die Zusammenarbeit beim Shooting mit Manfred Ehrenlechner trotz Anstrengung harmonisch und total professionell.
Als ich Meehr wieder zum Bahnhof bringe, ist die Umarmung aufrichtig herzlich. Und ich habe Folgendes erfahren:
Die Meehr ist in ihrem Job so zufrieden/unzufrieden, in ihrem Leben so glücklich/unglücklich wie Millionen andere Menschen auch.
Wie jeder Freiberufler ist sie auf Aufträge/Buchungen angewiesen. Es gibt auch da gute Zeiten und schlechte Zeiten.
In diesem Job leidet manchmal die Gesundheit. Aber dieses Risiko gehen auch manch andere ein – krassestes Beispiel der Kriegsberichterstatter.
Großes Manko allerdings – der Ausstieg/Umstieg in einen anderen Beruf ist sehr schwer. Und ich weiß natürlich auch, dass es in diesem Beruf auch Frauen gibt, Zwangsprostituierte, die auf oft grausame Art dazu gezwungen werden, sich zu prostituieren, die leiden und ausgenutzt werden. Das soll auch nicht verschwiegen werden.
Aber es gibt auch die Freiberufler, die selber ihre Entscheidungen treffen, und Meehr ist so eine Frau. Sie weiß, was sie tut.
Folgende Zitate von ihr haben Manfred und ich fotografisch inszeniert:
„Im Grunde bin ich eine Abenteurerin. Berlin ist mir auf Dauer zu langweilig.“
„Meine Freunde sind fast alle normal.“
„Schlechter Sex ist leichter zu ertragen, wenn ein geiles Paar Schuhe dabei rauskommt.“
„Der Weg, den ich eingeschlagen habe, ist der Richtige“
„Im Leben geht es darum, dass der Mensch sich in sich wohlfühlt.“
„In dem Moment, wo man mit mir abeitet, entstehe ich.“
„Nach zu vielen Shootings nerve ich mich selbst, dann brauche ich die Hure oder Sklavin.“
Meehr, das Kunst- und Lustobjekt unserer Begierde an diesem Tag. Meehr, die Lustsklavin von Beruf war die erste der Berufsgruppen, die wir dargestellt haben.
Literarische Bearbeitung der Prostituierten
Autor: Ralf Bodemann - "Die meisten heißen Peter"
(Für P., der ganz sicher nicht Peter heißt)
Sie schleichen wie die Diebe
an meine off'ne Tür.
Sie suchen etwas Liebe,
sie finden sie bei mir.
Ein gutes Dutzend Freier
ist nachts bei mir zu Gast.
Sie leiden ungeheuer
an ihrer Triebeslast.
Schon zehn Minuten später
verlassen sie mein Haus.
Die meisten heißen Peter
und zahlen im Voraus.
Ob Bänker, ob Vertreter,
ob Jungspund oder Greis –
bei mir darf wirklich jeder,
doch nicht zu jedem Preis.