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Dazu muß man nah an den Schlummernden heran, um auf Tuchfühlung zu gehen. Aber er regt sich schon, das ist gar nicht mehr nötig.

„Wie spät ist es?“ Dieselbe Frage jeden Morgen.

„Es ist genau sieben Uhr, wie von Ihnen gewünscht.“

„Mir brummt der Schädel.“ Auch das ist nichts Neues.

„Brauchen der Herr eine Aspirin?“

„Ein Kaffee würde`s auch schon tun.“

„Er steht schon auf dem Nachttisch.“

 

Sich suchend umschauen.

 

„Ah, gut.“

„Ich hoffe, gut geruht zu haben?“

„Wie ein Baby, mein lieber Robert, wie ein Baby.“

„Obwohl mir schien...“

„Obwohl Ihnen was schien?“

„Nicht so wichtig, der Herr.“ Immer die Contenance wahren.

„Na, immer heraus damit, Robert.“

„Nun gut, mir schien, der Herr hätte einen Alptraum gehabt.“

„Ach? Kann mich gar nicht daran erinnern. Habe ich wieder im Schlaf gesprochen?“

„Ja, so schien es mir.“

„Und, was habe ich gesagt? Ging es wieder um Aktien?“

„Da bin ich mir, fürchte ich, nicht sicher. Wie immer habe ich selbstverständlich nicht zugehört.“

„Sie haben nicht zugehört? Na, so ein bißchen was – der Kaffee ist wie immer ausgezeichnet – so ein kleines bißchen was werden Sie doch verstanden haben?“

„Es ziemt sich nicht, wenn der Butler seinen Herrn im Schlaf belauscht.“

„Es ist ja kein Belauschen, es ist höchstens ein, naja, ein ... unabsichtliches Aufschnappen von ein paar kleinen Wörtchen. Ein paar Brocken werden Sie doch mitbekommen haben, was, Robert?“

Kurze Pause.

 

„Nun, wenn ich so darüber nachdenken, ging es wohl darum, daß Sie etwas kaufen wollten.“

„Ich wußte es. Das können nur Aktien sein. Sehr gut. Und welche? Wissen Sie, im Schlaf hat man manchmal die besten Ideen. Nur, ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern, welche Aktien ich kaufen wollte?“

„Ich fürchte, da kann ich Ihnen nicht weiter helfen.“

„Nun tun Sie mal nicht so, Robert, das sagen Sie jedes Mal. Und dann rücken Sie doch mit dem Namen heraus.“

„Ich erbitte Ihre Verzeihung?“

„Jetzt lassen Sie sich nicht so betteln, Robert, meine Zeit ist kostbar. Wir beide wissen, daß ich den Namen doch aus Ihnen heraus bekomme. Kürzen wir das Ganze doch einfach ab.“

 

Der Butler ziert sich ein wenig. Ihm ist „das Ganze“ sichtlich unbehaglich.

 

„Mir schien, als könnte es um eine Gesellschaft namens `Hillmann´ gegenagen sein. Wenn ich so darüber nachdenke.“

„Hillmann? Sagt mir gar nichts? Mal kurz in die Zeitung linsen, wo ist denn der Wirtschaftsteil schon wieder, .... ach, ja, da ist er ja, Hillmann, Hillmann, ... ach, da haben wir es ja: Hillmann Pharmazeutik, so, von denen habe ich geträumt? Ich muß ja wohl ein verdammtes Genie sein, wenn ich von Aktien einer Firma träume, von der ich noch nie gehört habe? Oder hat mir jemand einen Tip gegeben und ich habe das nur vergessen? Und im Traum ist es mir wieder eingefallen, ja, so muß es gewesen, sein. Ich glaube, ich werde gleich mal meinen Börsenmakler anrufen und ihn anweisen, eine Handvoll von den Hillmännern zu erwerben. Danke, Robert, das ist im Augenblick alles.“

 

Der Butler hat seine Schuldigkeit getan.

 

Also zieht man sich dezent aus dem Schlafzimmer zurück, während der dicke Mann sich schon sein Telefon angelt. Aber man selbst sollte auch telefonieren. Dafür geht man aber besser in die Küche, nicht, daß das fette Walross das noch mitbekommt.

 

Immer die Diskretion wahren. Vor diesem Kretin.

 

„Hallo Klaus, hier Robert. Es hat wieder mal geklappt. Ich habe dem Dickwanst wieder mal eingeredet, er hätte im Schlaf gesprochen. Und mir dann den Namen aus den Nase ziehen lassen, den Du mir genannt hast. Der wird jetzt tonnenweise Aktien kaufen, das wird ein Riesen Geschäft für uns. Wie immer: Halbe-halbe? - Genau, der hat keine Ahnung, der denkt doch glatt, er wäre selbst drauf gekommen.“

 

Ein paar Meter weiter sitzt ein beleibter Herr in seinem Bett und beißt in einen Toast, der dick mit Butter beschmiert ist. Er ist mit sich und der Welt zufrieden. Prächtiger Tag heute. Hillmann, daß er darauf nicht von selbst gekommen ist. Aber dieser Robert, der ist Gold wert. Klar, denkt der wohlgenährte Mann bei sich, dieser Butler versucht, mich herein zu legen. Ich spreche nie im Schlaf. Aber was macht das? Ich kaufe mir jetzt für einen Haufen Kohle Aktien dieser Firma, genau, wie es die Freunde des feinen Herrn Robert machen werden. Das treibt den Preis in die Höhe und wie immer werde ich damit einen enormen Gewinn machen. Die denken, die legen mich auf`s Kreuz. Aber genau wie beim letzten Mal werde ich meinen Schnitt machen. Soll er doch auch ein paar Euro verdienen. Der wahre Gewinner aber werde, wie immer, ich sein. Mannomann, der Butler macht sich bezahlt.

Der bringt mir ein Vielfaches davon ein, was ich ihm zahle.

 

Da kann man schon einmal darüber hinwegsehen, daß er ein lausiger Kaffeekoch ist.

 

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